KreuzbandrissEine häufige Knieverletzung ist der Riss des vorderen Kreuzbandes (ACL), insbesondere bei „Go-Stop“ und Sprung-Sportarten wie Fußball, Volleyball, Handball, Skifahren oder Tanzen. Diese Verletzung führt zu Instabilität und belastet andere Gelenkstrukturen, insbesondere den Meniskus und den Knorpel. Das Knie verliert sein kinematisches Gleichgewicht, was zu einer schädlichen Verschiebung zum medialen Bewegungszentrum führt. Eine frühe Entwicklung von Knorpeldefekten und Meniskusrissen ist die Folge.
Physiotherapie, Muskel- oder Koordinationstraining können die Entwicklung von Arthrose nicht verhindern. Daher ist es bei sehr aktiven Menschen, die zu ihren Lieblingssportarten zurückkehren möchten, wichtig, die notwendige strukturelle Stabilisierung im Kniegelenk wiederherzustellen. Welche Behandlungsoption die beste Wahl ist, muss individuell entschieden werden. |
Konservative BehandlungFür weniger aktive Menschen ist eine Operation nicht die bevorzugte Wahl. Mittels eines speziellen propriozeptiven Trainingsprotokolls in Kombination mit Funktionstraining kann die funktionelle Kompensation der Instabilität verbessert werden. Die mechanische und sensorische Dysfunktion wird hierbei durch Muskeln und andere Kapselstrukturen ausgeglichen. Dies kann jedoch andere Gelenke wie die Hüfte und den unteren Rücken überlasten, was wiederum zu anderen Störungen und Fehlfunktionen führen kann.
Besonderes hilfreich und effektiv ist ein Ausgleich der Knieinstabilität durch sensomotorisches und neuromuskuläres Training auf dem HUBER 360. Wenn keine Stabilisierung erreicht werden kann, muss eine chirurgische Behandlung empfohlen werden, um eine Kniesarthrose oder weitere Schäden im Knie zu verhindern. |
Biologische Kreuzbandplastik mit der Patellasehne (PT)Das klassische OP Verfahren ist die Kreuzbandplastik durch Transfer eines medialen Anteils der Patellasehne. Diese Technik ist anatomisch präzise, da der streifenartigen Aufbau der flachen Patellasehne dem Kreuzband sehr ähnlich ist. Der Sehenstreifen wird inklusive winziger Knochenblöcke an beiden Enden entnommen, welche der Refixierung im Kniegelenk dienen. Es müssen also keine den Einheilungsprozess störenden Schrauben oder andere Befestigungshilfen verwendet werden.
Diese Knochen-zu-Knochen-Heilung ist biologisch von besonderem Wert und bietet einen sicheren Einheilungsgrad der übertragenen Sehne. Das Ergebnis ist eine vitale Integration der Sehnenplastik. Bei der Einbringung des Knochen-Sehnen-Knochen Transplantes wird auf den natürlichen Twist des Sehnenbündels geachtet, was nachweisbar die Rotatationsstabilität im Knie erhöht. Auch die neuromuskuläre Kontrolle (Propriozeption) entwickelt sich zurück, da es zu einer nachweisbaren Reintegration von Nervensensoren im Sehnenbündel kommt. Das Design der Knochenblöcke hat sich im Laufe der Jahre zu viel kleineren Blöcken mit einem Minimum an Extraktionsdefekten weiterentwickelt. Die Defekte werden vollständig mit Knochenmaterial gefüllt. Darüber hinaus reduziert eine sehr sorgfältige Entnahme des medialen Teils der Patellasehne Schmerzen nach Heilung des Entnahmedefekts. Der sogenannte vordere Knieschmerz ist vergleichbar mit Kreuzbandplastiken, welche andere Transplantate verwenden. |
Mit dieser Technik wird eine frühzeitige Mobilisierung unter voller Belastung innerhalb der ersten Wochen nach der Operation erreicht. Eine Knieorthese ist nicht erforderlich. Wesentliche kinematische Eigenschaften wie Translations - und Rotationstabilität, neuromuskuläre Kontrolle und Erhalt der vollständigen muskulären Kette am Bein, sind gute Voraussetzungen für eine weitgehende plastische Wiederherstellung des Kreuzbandes und seiner Funktion.
Die Kreuzbandplastik mit der Patellasehne eignet sich daher besonders gut für körperlich aktive Patienten oder Leistungssportler mit einem hohen Anteil an Sprung und Seitwärtsbewegungen. Es kann die einzige Option für junge Frauen mit Hypermobilität sein. Studien belegen hervorragende Langzeitergebnisse dieser Technik in Bezug auf Stabilität, geringer Rerupturrate und vollständige Rückkehr zum Sport. |
Semi-biologische Kreuzbandplastik mit der Quadricepssehne (QT)Derzeit verwenden immer mehr Kniechirurgen einen Streifen der Quadrizepssehne, aus dem vorderen Oberschenkel, für eine semi-biologische Technik. Vergleichbar mit der "Patellar-Technik" kommen ein Knochenblock aus der Patellar, ein Mittelstreifen der Quadrizepssehne und eine Schraube zur Fixation am Schienbein zum Einsatz. Diese Technik erzielt gute Ergebnisse in Bezug auf Fixierung und Wiederstandskraft. Nachteil dieser Technik ist eine mögliche Schwächung des Quadrizepsmuskels. Daher wird dieses Verfahren nicht empfohlen für Sportler, welche explosive Kraft im Quadrizeps benötigen.
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Healing response, eine biologische Selbstheilungstechnik zur Erhaltung des angerissenen Kreuzbandes (mittels Mikrofrakturierung)Ein vollständiger Kreuzbandriss ist selten. Viele Kreuzbandrisse sind unvollständig und befinden sich in der Nähe des Oberschenkelknochens (Femur). In diesem Bereich des Bandes sind Gefäßversorgung und Nervenrezeptorendichte sehr gut. Eine dünne Haut umhüllt das Band (Synovialrohr) und ist oft noch intakt. Daher besteht bei Teilrissen mit einem geringen Grad an mechanischer Instabilität eine Chance auf eine erneute Anheilung an die femorale Insertion. In einigen Fällen kann das Kreuzband also ohne Operation heilen.
Die derzeitige Empfehlung lautet, die biologische Heilungsreaktion durch ein arthroskopisches Verfahren zu stimulieren. Eine sogenannte Mikrofrakturierung erzeugt kleine Lecks im Ansatzbereich des Bandes. So können Stammzellen und Wachstumsfaktoren aus dem Knochenmark des Patientenbei bei der Selbstheilung des Bandes mithelfen. In Kombination mit einer funktionellen Orthese für die externe Stabilisierung und einem sensomotorischen Training (HUBER 360) kann damit eine ausreichende Stabilisierung erreicht werden – mit geringem Gewebestress und ohne Entnahmeschäden (da keine Spendersehne entnommen werden muss). Allerdings muss mit einer geringeren Stabilität und einer höheren Rerupturrate in den ersten 2 Jahren nach der OP gerechnet werden. Voraussetzungen für dieses Verfahren sind ein junges Alter, ein teilweiser (nicht vollständiger) Riss des Kreuzbandes, keine weiteren Verletzungen und ein frühzeitiger Eingriff innerhalb des ersten Monats nach der Verletzung. Langzeitstudien von mehr als fünf Jahren sind noch nicht verfügbar, daher ist nicht genug über die Qualität des geheilten ACL-Bandes bekannt. In den ersten zwei Jahren werden ausreichende Ergebnisse erzielt. Allerdings ist diese Technik für Hochleistungssportler nicht sicher. |
Erhaltung des angerissenen Kreuzbandes mit LigamysBei frischen Teilrissen des Kreuzbandes kann durch eine temporäre, dynamische, "innere" Stabilisierung eine Naht der Bandstümpfe erfolgen (www.ligamys.com). Eine Federschraube am Schienbein sorgt für die notwendige elastische "Schienung" der Naht über ein Sicherungsband. In den meisten Fällen muss dieses Sicherungsband zusammen mit der relativ großen Federschraube nach einigen Wochen wieder entfernt werden. Wie bei vielen chirurgischen Techniken kann es zu reaktiven Gewebereizungen mit dem Fremdmaterial kommen. Dies stört zum einen die Heilung des Kreuzbandes, zum anderen beobachtet man häufiger Knieversteifungen, welche Beuge - und Streckeinschränkung verursachen. In diesen Fällen ist eine zweite Operation erforderlich, um die Bandstrukturen zu mobilisieren. Dadurch kann der Heilungsprozess auf bis zu einem Jahr verlängert werden.
Die Grundidee – der biologische Erhalt des eigenen Kreuzbandes, Erhalt der Propriozeption, keine Funktionseinschränkung durch Entnahme einer Spendersehne – ist ein vielversprechender Ansatz. Daher lohnt es sich genau zu prüfen, ob diese Technik eine Option ist. Zum jetzigen Stand der Erfahrung ist diese Technik für Leistungssportler nicht zu empfehlen. Hingegen ist diese Technik eine interessante Option bei frisch verletzen Freizeitsportlern. Erste Langzeiterfahrungen von 2-4 Jahren lassen eine leichte Auslängung des genähten Kreuzbandes erkennen. |
Kreuzbandrekonstruktion mit der Semitendinosus-Sehne (ST) aus dem HamstringDie in Europa am häufigsten angewendete Methode verwendet eine Hamstring-Sehne, aus dem hinteren Oberschenkel, als Spendersehne. Arthroskopisch und "mini-open" wird durch eine innenliegende 3 cm langen Eröffnung die Semitendinosus-Sehne entnommen. Die Sehne wird in der Regel gedoppelt wegen der primär schwächeren Widerstandskraft, danach durch Bohrlöcher im Oberschenkel und Unterschenkel durchgezogen. Die Fixierung erfolgt mittels kleiner resorbierbare Schrauben oder Stifte im Knochen.
Die knöcherne Einheilung dieser Technik ist nicht so biologisch sicher und vital wie bei der Kreuzbandplastik mittels Patellarsehne oder Ouadrizepssehne. Daher kann es in einigen Fällen zu Auslockerungen der Sehne im Knochen und zu progredienten Instabilitäten führen. Zu beachten ist, dass die Entnahme der Hamstring-Sehne als Spendersehne Sprungkraft und Flexionskraft verringert und es zu Hüftfunktionsstörungen kommen kann. Infolgedessen kann es zu Schwächen der Translation und Rotationsstabilität des Knies kommen. Auch wird eine verminderte Revitalisierung des rekonstruierten Kreuzbandes im Vergleich zur Kreuzbandplastik mittels Patellarsehne oder Ouadrizepssehne beobachtet. |
Dadurch wird die neuromuskuläre Kontrolle geschwächt. Daher benötigen Patienten, die sich diesem Verfahren unterziehen, ein intensives Reha-Training. Eine postoperative Orthese wird empfohlen, da das Band nur langsam in den Knochentunnel eingebaut wird.
Aus diesen Gründen verwendet man diese Technik immer seltener, insbesondere nicht bei sehr aktiven jungen Sportlern und besonders nicht bei jungen Frauen mit allgemeiner Bandlaxität. |